Die Reiseboot vor dem Blauen Wunder
Nein, mit der deutschen Sprache stehen sie nicht auf Kriegsfuß, die Studentinnen und Studenten des Bauingenieurwesens. Sie haben einfach, einer guten Tradition folgend, ihr neues Betonboot gleich „Die Reiseboot“ genannt – weil Schiffe nun mal weiblich sind, auch wenn sie Männernamen tragen („Die Bismarck“, „Die Titanic“). Warum das so ist, hinterfrage man vorsichtshalber nicht, die Chauvi-Kasse könnte sich sonst zu schnell füllen bei Antworten wie „sieht doch einfach nur gut aus“ oder „sind nicht immer leicht handzuhaben“. Obwohl an das letztere der beiden Argumente viele gedacht haben, die am vergangenen Sonntag um neun Uhr am Blauen Wunder auf das Betonboot warteten, mit dem es eigentlich um zehn Uhr Richtung Magdeburg elbabwärts gehen sollte. Dort findet nämlich am 24. und 25. Juni die 13. Deutsche Betonkanu-Regatta statt – und „Die Reiseboot“ wird ebendort in der Offenen Klasse antreten.
Doch der Hilfsmotor des Bootes, mit dessen Hilfe man vom Hafen in Pieschen bis zum Blauen Wunder elbauf fahren wollte, machte Zicken und musste erst einmal repariert werden. Und so hatten die „Bastelkinder“, wie sich die Mitglieder im Betonboot-Team selbst nennen, ausgiebig Zeit für ein großartiges Frühstück (das vom Wirt des Schillergartens großzügig gesponsort wurde) und anschließendes Schwan-und-Ente-gucken an der Elbe.
Die Reiseboot vor dem Terrassenufer
„Die Reiseboot“ wiegt 2,8 Tonnen, ist fast zwölf Meter lang und 1,80 Meter breit. Als Drachenboot mit 16 Segmenten plus Bug und Heck gebaut, bietet es 20 Bastelkindern Platz. Der Motor ist übrigens nur auf Wunsch des Wasser- und Schiffahrtsamtes mit an Bord (die Elbe ist schließlich eine Wasserstraße, da kann man nicht einfach so ungefragt eine Reise von Dresden nach Magdeburg unternehmen), Normalantrieb ist Muskelkraft an Stechpaddeln!
Wie es zu der Idee eines Reisebootes kam, steht im Konstruktionsbericht, den die Studenten verfasst haben (steht auf der Betonboot-Seite): „Schon seit einigen Jahren existiert der Wunsch mit einem Betonboot auf dem Wasser zum Wettkampfort zu fahren. Schließlich gehören Boote ja aufs Wasser und nicht in LKWs geladen. Aber bisher bot sich nie eine Gelegenheit zur Verwirklichung dieses Traums. Doch in diesem Jahr liegt der Austragungsort der Regatta, Magdeburg, genau wie Dresden an der Elbe! – die Idee zum Bau eines Reisebootes konnte Realität werden.“
Und so haben sie dann im Baustofflabor unter Supervision von dessen Leiter Dr.-Ing. Marko Butler geplant, gerechnet, entworfen und gebaut. Alles in der Freizeit neben dem Studium – aber: „Es macht Spaß, das Gelernte auch einmal in der Praxis anzuwenden!“ Und die staunende Frage, warum Beton schwimmt, beantworten die Studenten dann immer sehr wissend: Verdrängung ist, was so ein Boot über Wasser hält. Bei Stahl, meinte Dr. Butler, staune doch auch keiner, und der sei noch schwerer als Beton…