Interdisziplinäre Forschung für den Erhalt hölzerner Kulturgüter

AT
17. Februar 2025
Mit numerischen Methoden die Alterung von Kunstwerken an der TU Dresden bei den Bauingenieuren prognostizieren

Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt an der Fakultät Bauingenieurwesen vereint ingenieurwissenschaftliche Methoden mit der Restaurierung und Konservierung wertvoller Kulturgüter aus Holz. Um die Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu vertiefen, war die renommierte Kulturerbe-Forschungsgruppe des Jerzy Haber Instituts für Katalyse und Oberflächenchemie der Polnischen Akademie der Wissenschaften Kraków unter der Leitung von Prof. Łukasz Bratasz jetzt im Institut für Statik und Dynamik der Tragwerke zu Gast.

Im Fokus der gemeinsamen Forschungsarbeit stehen Tafelgemälde und weitere Kunstwerke aus einem komplexen Materialmix, die ähnlich wie Bauwerke und Bauteile, bauphysikalischen Fragestellungen unterliegen. Diese Kunstwerke bestehen aus natürlichen Materialien, die empfindlich auf Klimaänderungen reagieren, was zu irreversiblen Schäden führen kann.

Um genaue Prognosen und Handlungsempfehlungen zur Erhaltung der Kunstwerke erstellen zu können simulieren die Wissenschaftler den Alterungsprozess anhand von digitalen Modellen. Etwaige Schädigungsmechanismen, das Strukturverhalten unter Klimaänderungen sollen analysiert werden, um mithilfe einer realistischen Modellierung einer weiteren Schädigungsausbreitung zuvorkommen zu können. Herausfordernd ist die Tatsache, dass sowohl das Materialverhalten als auch die Belastungsgeschichte der historischen Unikate oft unbekannt sind. Insbesondere die Klimahistorie spielt eine entscheidende Rolle für das Strukturverhalten der Kunstwerke.

Das gemeinsame Ziel der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist eine nachhaltige und präventive Konservierung der einzigartigen Kulturgüter.

Modellierung von Holz und Holzstrukturen sowie zur Unschärfeanalyse des ISD
Die Kunstwerke stehen im Mittelpunkt. Forscherinnen und Forscher der Polnischen Akademie der Wissenschaften Kraków zu Besuch beim Institut für Statik und Dynamik der Tragwerke (v.l.n.r.: Łukasz Bratasz, Niklas Schietzold, Marcin Strojecki, Daniel Konopka, Marcin Bury, Michael Kaliske, Sergii Antropov, Sonia Bujok, Magdalena Soboń und Robert Fleischhauer)

Bereits seit längerem beschäftigen sich Wissenschaftler des Instituts für Statik und Dynamik der Tragwerke (ISD) in verschiedenen Forschungsprojekten mit dem Einsatz digitaler Werkzeuge zum Erhalt wertvoller Kulturgüter durch Simulation. So startete beispielsweise 2019 das Projekt VIRTEX, eine Kooperation mit dem Institut für Holztechnologie Dresden und der Hochschule für bildende Künste Dresden.

Kontakt:
Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Kaliske,
michael.kaliske@tu-dresden.de
+49351 463 34386 Institutswebseite:
www.tu-dresden.de/isd

Beiträge zum Thema:
VirtEx -Zuwendungsbescheid
VirtEx – Summerschool
Cultwood – Projektreportage

Erfolgreiche gemeinsame Sommerschule mit Bauingenieuren und Studierenden der Hochschule für Bildende Künste Dresden

VirtEx-Sommerschule vom 27.09. – 01.10.2021

Künstlerische Arbeiten gelten seit jeher als Zeugen ihrer Zeit, die gesellschaftliche Entwicklungen und historische Ereignisse, sowie Geschichte und kulturellen Wandel in verschiedenen Epochen widerspiegeln. Allein dadurch stellen historische Kunstwerke einen unschätzbaren Wert für die Gesellschaft dar. Dementsprechend wichtig ist es, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sie zu zeigen und dauerhaft zu erhalten. Was naheliegend klingt ist in der Praxis nicht leicht und selbstverständlich umsetzbar. Allein die klimatischen Bedingungen, denen Kunstwerke beispielsweise in Museen ausgesetzt sind, lassen sich teilweise schwierig einschätzen und nicht immer genau einstellen. Fehler in der Aufbewahrung von Kulturgütern werden oft erst bemerkt, wenn entsprechende Schäden auftreten. Klimatische Veränderungen, die mit verschiedenen Jahreszeiten, jedem einzelnen Besucher oder bestimmten Bauwerkseigenschaften der Lager- oder Ausstellungsräume zusammenhängen, können Kunstgegenstände schädigen und zu einem stetig andauernden Verfallsprozess führen. Für Museumsbetreiber ergibt sich daraus ein permanentes Tätigkeitsfeld, Konservierung und Aufbewahrung historischer Gemälde und Kunstgegenstände stellt eine eigene Wissenschaftsdisziplin dar.

Ingenieurwissenschaftlich betrachtet sind Gemälde komplexe Objekte aus einem umfangreichen Materialmix wie Holz oder Stoff als Träger- und Rahmenkonstruktionen, sowie einem vielschichtigen Farbaufbau und schützenden Überzügen. Sie sind vergleichbar mit komplexen Bauteilen und damit verbundenen bauphysikalischen Fragestellungen, die im Bauingenieurwesen themenbestimmend sind.

Seit im Sommer 2019 die damalige Ministerin für Kunst und Wissenschaft, Dr. Eva-Maria Stange, feierlich einen Förderbescheid übergeben hat und damit der Startschuss für das Forschungsprojekt „Virtuelle Experimente für Kunstobjekt“ (VirtEx) gefallen war, beschäftigen sich Wissenschaftler des Instituts für Statik und Dynamik der Tragwerke der TU Dresden (ISD), KonservierungswissenschaftlerInnen des Studiengangs Restaurierung der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK) und die MaterialwissenschaftlerInnen des Instituts für Holztechnologie Dresden (IHD) nun gemeinsam mit diesem Thema. Es sollen Verfahren erarbeitet werden, mit denen verstärkt ingenieurwissenschaftliche Methoden in der Restaurierung und Konservierung von Kulturgütern aus Holz eingeführt werden, um optimale Bedingungen für solche Kunstobjekte festlegen zu können.

In der praktischen Arbeit heißt das, dass Kunstwerke, ähnlich wie komplexe Bauteile mit möglichst vielen Daten und Parametern erfasst werden müssen. Dabei zählen Verformungen, Rissbildungen oder auch andere Schäden, die im Laufe der Zeit an den Objekten entstanden sind, genau wie Dimensionierungen, Geometrie, Materialstärken und Materialart zu wichtigen Parametern. Mit einer realitätsnahen theoretisch-numerischen Abbildung der Strukturen virtuell im Rechner, basierend auf der Finite Elemente Methode (FEM), ist es möglich, ein Berechnungsmodell für Holzobjekte zu erstellen und deren Veränderung bei Holzfeuchte- bzw. Klimaschwankungen vorherzusagen.

Je besser es dabei gelingt, die tatsächlichen Eigenschaften der Materialien zu erfassen, desto genauer sind die Prognosen für Veränderungen, bis hin zur Vorhersage von Kriechen und dauerhaften Schäden. So können virtuell Experimente durchgeführt werden, bei denen die Grenzen überschritten werden, ohne dass die „echten“ Objekte Schaden nehmen.

Im September fand im Rahmen des VirtEx-Projekts eine Sommerschule statt, um die Anwendung der neu entstandenen Verfahren in der Praxis zu erproben und mit der klassischen restauratorischen Herangehensweise zu vergleichen. Studierende der Fakultät Bauingenieurwesen der TU Dresden und Studierende der Fachrichtung Restaurierung der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK) untersuchten zu diesem Zweck einen Flügel des spätgotischen Altarretabels aus Kirchbach im Stadtmuseum Freiberg. Dieses Tafelgemälde auf Nadelholz weist altersbedingt starke Deformationen auf und soll demnächst in andere Räumlichkeiten umgehängt werden. Im Rahmen der Sommerschule wurde herausgearbeitet, inwieweit sich die klimatischen Veränderungen, die sich mit dem Raumwechsel einhergehen, auf das Kunstwerk auswirken. Dazu wurde die Tafel exemplarisch untersucht und im Computer modelliert, um das Ergebnis mittels FEM virtuellen Experimenten zu unterziehen, die dann in Empfehlungen zum Klima mündeten. Einen wichtigen Teil nahm die 3D-Erfassung und die Erkundung der Möglichkeiten der Dokumentation von dreidimensionalen Veränderungen von Holztafelgemälden durch die „Structure from Motion“- Methode ein.

Parallel dazu wurde mit klassischen restauratorischen Untersuchungen ein Konzept entwickelt. In einer Abschlussveranstaltung, bei die Projektleiter Prof. Kaliske und Prof. Herm anwesend waren, zogen die beteiligten Studierenden ein positives Fazit. Die Zusammenarbeit zwischen Restauratoren und Bauingenieuren erwies sich als sinnvoll. Allein der didaktische Nutzen in der Ausbildung sei enorm, da sich Schädigungen gut simulieren lassen. Die physikalischen Modelle der Ingenieure gaben einen guten Einblick ins Innere der verarbeiteten Materialien. Gut darzustellen war beispielsweise die Feuchtezunahme der Holzelemente des Kunstwerks im Vergleich zu Trocknungsphasen, nachdem sich das Raumklima im virtuellen Versuch geändert hat. Nach Ansicht aller Beteiligten ist für die Aussagekraft der Versuche dabei die Qualität der Daten entscheidend. Insgesamt können mit der Entwicklung solcher digitaler Verfahren völlig neue Perspektiven für Kunstschätze erschlossen werden, eine Neuauflage der Summerschool VirtEx wird im nächsten Jahr sicherlich folgen.  

Bericht: André Terpe

Exakte Ermittlung der genauen Zustandsdaten des Kunstwerkes. Die Studierenden dürfen den Altarflügel im Stadtmuseum Freiberg genau unter die Lupe nehmen. Foto: Oliver Tietze

Ansprechpartner:

Prof. Dr.-Ing. habil. Michael Kaliske, (ISD, TU Dresden)
Prof. Dr. Christoph Herm, (HfBK Dresden)

Wissenschaftsministerin übergibt Zuwendungsbescheid für interdisziplinäres Forschungsprojekt VirtEx

Kunst- und Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange hat heute an der TU Dresden einen Zuwendungsbescheid für das interdisziplinäre Projekt VirtEx in Höhe von knapp einer halben Million Euro übergeben.

Dr. Eva-Maria Stange übergibt feierlich die Förderbescheide an die Projektbeteiligten; Bild: André Terpe

Bei dem Vorhaben geht es um die Erforschung von Grundlagen zur nachhaltigen Konservierung und Restaurierung historischer hölzerner Kulturgüter, beispielsweise Ikonen, unter veränderlichen klimatischen Bedingungen. An dem Projekt beteiligt sind das Institut für Statik und Dynamik der Tragwerke der TU Dresden (ISD), das Institut für Holztechnologie Dresden und die Hochschule für bildende Künste Dresden. Daneben gibt es Kooperationen mit russischen Experten vom Surikov-Institut und dem Andrej-Rubljov-Museum.

Kunst- und Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange: „Ich freue mich besonders über die Beteiligung unterschiedlicher Fachrichtungen an diesem Forschungsprojekt. Damit reicht der Synergieeffekt von der Grundlagenforschung über die Geisteswissenschaften bis zur praktischen Denkmalpflege. Das gesammelte Wissen kann nicht nur den zahlreichen sächsischen Sammlungen mit ihren kostbaren Kunstwerken zugänglich gemacht werden, sondern wird darüber hinaus den Forschungsstandort Sachsen international stärken und seine Sichtbarkeit erhöhen.“

Basis der Forschungen werden modellhaft Ikonen sein. Wegen ihrer Brettstärke von etwa vier Zentimetern werden bei ihnen über das Zweidimensionale hinaus Schäden wie etwa Risse auch im Querschnittsprofil erkennbar. Experimentelle Untersuchungen der Kult- und Heiligenbilder unter verschiedenen Klimaszenarien sowohl im Labor als auch in der Gedächtniskirche der Russisch-Orthodoxen Kirche in Leipzig bilden die Basis für die Analysen, mit denen sich etwa Feuchte und Verformung der Ikonen erfassen lassen.

Projektleiter Professor Dr. Michael Kaliske vom ISD: „Mit diesem wirklich sehr vielschichtigen, interdisziplinären Projekt haben wir die Chance, neueste ingenieurwissenschaftliche Methoden in die Restaurierung und Konservierung von Kulturgütern aus Holz einzuführen. Im Rechner werden virtuelle Experimente an den Objekten durchgeführt, ohne diese zu beeinträchtigen, und die Strukturantwort prognostiziert. Die digitalen Technologien, die zum Beispiel in der Automobilindustrie Gang und Gäbe sind, können – weiterentwickelt – für Kunstschätze ganz neue Perspektiven erschließen.“

Text: SMWK

 

Projektbeteiligte: v.l.n.r.: Erzpriester Alexej Tomjuk (Russisch-orthodoxe Kirche Leipzig), Prof. Christoph Herm (HfbK), Prof. Michael Kaliske (ISD), Prof. Björn Weiß (IHD); Bild: André Terpe

 

Triangulierung und Holzverdichtung

UVS
20. Februar 2015

Topografie Triangulirung - Detail_Birgit SchuhKunst schafft bekanntlich viel, was mit anderen (einfacheren?) Mitteln nur schwer denkbar ist. So kann ein Künstler, eine Künstlerin Zusammenhänge herstellen, die sich nicht ohne Weiteres aufdrängen. Birgit Schuh hat das getan und damit den ersten Kunstpreis des Dresdner Zentrums für Wissenschaft und Kunst gewonnen.

Unterstützt wurde die Künstlerin bei ihrer Arbeit von Peer Haller von der Professur für Ingenieurholzbau und baukonstruktives Entwerfen. In der Pressemitteilung (von Prof. Rainer Beck) heißt es:

Mit ihrem Werk „Topografie Triangulirung“, 2014, hat Birgit Schuh die Kriterien der Ausschreibung in hervorragender Weise erfüllt:

  •  Verbindung von Kunst mit Materialien und Verfahren moderner Technologien;
  • in der Form überraschend;
  • dabei der ursprünglich angestrebten technologischen Nutzanwendung enthoben;
  • jedoch die Möglichkeiten dieser Technologien schöpferisch und künstlerisch umsetzend.

In ihrem Werk setzt sich Birgit Schuh zugleich mit zwei technischen Hochleistungen auseinander: Einmal mit der europäischen Gradmessung von 1875, einer historischen Pioniertat der Kartographie und Landvermessung, bei der auf deutscher Seite Johann Karl Friedrich Gauß maßgeblich beteiligt war. Der 10-Mark-Schein mit der Abbildung des damaligen Königreichs Hannover erinnerte daran. Zum Zweiten mit einer von Prof. Dr. Peer Haller an der Technischen Universität Dresden entwickelten Technik der Holzverdichtung durch die Schließung der Zellstrukturen längs der Faser. Eine Technik, die für den Einsatz bei der Konstruktion von Bauten vorgesehen ist.

Bezogen auf das ehemalige Königreich Sachsen kombiniert nun Birgit Schuh die seinerzeitigen Landvermessungskoordinaten mit der neuen Technologie, indem sie die Ergebnisse der damaligen Kartographie auf im neuen technologischen Verfahren verdichtete Holzplatten überträgt. Danach setzt sie die präparierten Holzplatten an bestimmten Fixpunkten gezielt Hitze und Feuchtigkeit aus, revidiert dadurch deren technologische Verdichtung und stellt in diesen begrenzten Bereichen den ursprünglich natürlichen Zustand der offenen Zellstrukturen wieder her. Ergebnis dieses Eingriffs ist ein Spannungsverhältnis zwischen offenen, sich ausdehnenden und verdichteten Zellstrukturen, das Verwerfungen und Verformungen der ursprünglich planen Plattenfläche hervorruft, dadurch die ursprüngliche Landschaftstopographie in ein eigenständiges, dreidimensional plastisches Gebilde überführt, gleichsam in eine fast leibhaft anmutende künstlerische Vision von Landschaft.

Resultat „ist eine Karte …, welche die Auseinandersetzung zwischen menschlicher Bearbeitung und Aneignung von Landschaft einerseits und die Kräfte von Natureinwirkung andererseits zeigt und in einem dreidimensionalen Bild vereint.“ (Schuh)

Skulpturen aus Beton in Zuschendorf

Skulpturen in Beton in ZuschendorfSkulpturen in Beton im Landschloss Zuschendorf

Bei prächtigem Wetter wurde am Sonntag die Ausstellung mit Skulpturen aus Textilbeton eröffnet. Volker Mixsa hatte sich im Auftrag des Dresdner Sonderforschungsbereichs zum Textilbeton mit dem neuen Werkstoff auseinandergesetzt und das Material auf seine Weise gekonnt ausgereizt (siehe BauBlog-Vorbericht).

Der Sprecher des SFB 528, Prof. Manfred Curbach, eröffnete die Ausstellung. Als Forscher stellte er den zahlreich erschienenen Gästen den Kern der wissenschaftlichen Ergebnisse vor. Dass Beton dermaßen schlank und auch glatt sein kann, überraschte die meisten fachfernen Besuche der Ausstellung – darunter zahlreiche Künstler und Liebhaber der Kamelien, die derzeit noch in Zuschendorf blühen. „Wir wählen den Weg über die Kunst, um nicht nur die Fachleute vom Bau über unsere Forschung zu informieren!“ betonte Prof. Curbach. Vor den Skulpturen von Volker Mixsa hatte sich bereits Einhart Grotegut des Materials angenommen und Beton-Blätter hergestellt.

Dipl.-Ing. Matthias Riedel, Gärtner und Verwalter der Botanischen Sammlungen (die ein Teil der TU Dresden sind) hatte bei seiner Begrüßung betont, dass beim Wort „Beton“ zuerst einmal nicht gerade positive Assoziationen aufkommen – aber die Skulpturen von Volker MIxsa würden sich so harmonisch in die hügelige Parklandschaft des Schlosses einfügen, dass sie überhaupt nicht negativ auffallen. „Sie sehen aus, als ob sie dazu gehören!“, meinte Riedel.

Bei einem Rundgang zu den solitär stehenden Skulpturen erklärte Volker Mixsa Details der Arbeiten und beantwortete viele Fragen zur Technik der Herstellung, die im Otto-Mohr-Laboratorium der TU Dresden von Rainer Belger ausgeführt wurden.

[Bilder der Ausstellungseröffnung]

Skulpturen in Beton

Ausstellung TextilbetonkunstAb 10. April in Zuschendorf: Werke aus Textilbeton von Volker Mixsa

Textilbeton wird im Sonderforschungsbereich 528 erforscht, dessen Finanzierung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft nach zwölf Jahren intensiver und erfolgreicher Forscherarbeit im Juni diesen Jahres zu Ende geht. Die Wirtschaft hat den innovativen Baustoff bereits für sich entdeckt: Auf Initiative des Deutschen Zentrums Textilbeton – das eine Transfer-Ausgründung aus dem Dresdner Sonderforschungsbereich ist – wurde der Markenverband TUDALIT gegründet, der die Einführung von Textilbeton auf dem Markt forciert und von Anfang an in Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern des SFB 528 auf die Einhaltung von Qualitäts­standards achtet. Aber auch die Kunst profitiert von den überraschenden Eigenschaften des Textilbetons: Nach Einhart Grotegut, aus dessen „Beton-Blättern“ 2008 ein Kalender entstand, hat sich mit Volker Mixsa ein weiterer über die Grenzen Dresdens hinaus anerkannter Künstler dieses Materials angenommen. Seine Skulpturen in Beton werden vom 10. April – 3. Juli 2011 im Freigelände des Landschlosses Zuschendorf gezeigt.

Volker Mixsa hat sich mit seinen Skulpturen aus Edelstahl einen Namen gemacht. Sie stehen im öffentlichen Raum – unter anderem in Hamburg, Düsseldorf und Bonn – und fallen wegen ihrer Leichtigkeit und Formenvielfalt auf: seine Windspiele sind verspielte Blickfänger. Nun hat er sich mit dem neuen Material Textilbeton beschäftigt und Plastiken geschaffen, die seine unverkennbare Handschrift tragen. Er nutzt die Vorteile des Materials: Schlank und elegant, luftig und leicht – aber dennoch beständig sind die neuen Werke. Die leichte Formbarkeit gibt dem Künstler alle Freiheiten bei der Formfindung. Natürlich nutzt jemand, der sonst mit Edelstahl arbeitet, nicht irgendein Material für seine Schalungen: Sie sind aus Edelstahl und verleihen dem Beton eine Oberfläche, die fast selbst an Stahl erinnert: Glatt anzusehen und auch haptisch ein Erlebnis!

Textilbeton und Kunst

Wunsch und WirklichkeitWunsch und Wirklichkeit

Das Thema ist nicht neu, aber es erfindet sich immer wieder: Textilbeton und Kunst. Im öffentlichen Raum kann man (bzw. konnte man, dazu später mehr) die Auseinandersetzung von Künstlern mit dem neuen Werkstoff Textilbeton bewundern. Beide Male ist Textilbeton Teil einer Ausstellung und nicht ausschließlich – ein Zeichen, dass er angekommen ist und wie selbstverständlich genutzt wird.

Priska Streit, eine in Stade geborene und in Dresden lebende Künstlerin, stellt im Ständehaus aus. „Ein Wurmloch im Apfel“ ist der Titel der „Raum-Zeit-Reise mit Installationen und Skulpturen“, die der Verein Kunst bei Gericht organisiert hat. Eigens für die Ausstellung hatte die Künstlerin im Baustofflabor mit textilbewehrtem Beton Köpfe geformt, die in der Installation „Gedankenanstöße“ die „Entstehung von genialen Ideen in Wissenschaft und Kunst verbildlichen“ sollte. Doch die Impulse, die die Künstlerin laut Begleitblatt sah, nahmen BesucherInnen der Ausstellung zu wörtlich: Sie kickten die Köppe, was denen nicht sonderlich gut bekam. Leider unerklärt hängen jetzt die Seile wie bei einer mittelalterlichen Richtstelle für Aufzuhängende herum – auch das ist aber vielleicht, zumal im Gericht, Kunst. (Die Ausstellung ist bis 10. Juni 2010 jeweils Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr im Ständehaus zu sehen.)

ZeichenBlätter aus Textilbeton von Einhart Grotegut

Auf der anderen Elbseite im Kulturrathaus hängen drei neue Werke von Einhart Grotegut. Der Dresdner Künstler hatte den im Sonderforschungsbereich 528 entwickelten Textilbeton für sich entdeckt und mit seinen Textilbetonblättern die Einheit von Trägermaterial und Bild geschaffen. Daraus wurde unter anderem ein Kalender. In seinem Briesnitzer Atelier hat er sich und die Kunst weiter entwickelt – drei neuere Werke zeigt er jetzt öffentlich im Rahmen der Ausstellung „Ein Hauch von Ostwind“. „Zeichen“ heißen bei Grotegut viele Werke, diese sind, dem Titel der Ausstellung entsprechend, fernöstlich angehaucht. Sie heben sich, nicht nur durch die Materialwahl, von den anderen Arbeiten von Kerstin Borchardt, Volker Lenkeit, Petra Lorenz, Wolfgang Petrovsky, Wieland Richter, Tim von Veh, Frank Voigt und Songbai Wang durch eine sehr eigene Formensprache ab. Hingehen kann man noch bis zum 3. Juni (Kulturrathaus, Königstraße 5, 1. Etage).