Alle Jahre wieder: TED Talks

UVS
22. Dezember 2010

Wir haben es 2007 gemacht, wir taten es 2009. Und nun wieder: Zu Weihnachten schenken wir Ihnen etwas, indem wir Ihnen etwas nehmen: Zeit. Aber sich diese Zeit für einen Blick über den Tellerrand zu investieren lohnt sich – in Filme, die bei den TED Talks aufgenommen wurden. TED steht für Technology, Entertainment, Design. Seit 1984 kommen Experten dieser drei Bereiche zusammen und produzieren vor allem Ideen. Die Beiträge sind alle irgendwo zwischen Faszination und Begeisterung angesiedelt, sie sind immer anhörenswert und manchmal genial. Egal worum es geht: Die Themen sind mit Leidenschaft und Engagement vorgetragen, und es ist eine Freude zuzuhören (bzw. zuzusehen). Es gibt (in der Regel) kein Pult, hinter dem sich die SprecherInnen verstecken – sie reden frei. Und auch der Computer, der die Dias an die Leinwand bringt, ist nicht zu sehen. Dieses Setting erlaubt Gesten, lässt Emotionen erkennen.

TED TalksZum TED Talk

Im vergangenen Jahr wies die Seh-Empfehlung auf Dirigenten hin – es ging um Führungsstile. Dieses Jahr haben wir zwei Filme zum zum Thema Lernen und zwei eher ingenieurtechnisch orientierte Beiträge ausgesucht. Los geht’s mit Diana Laufenberg; sie ist Lehrerin an einer Schule, aber die Science Leadership Academy in Philadelphia ist besonders: „We do school quite differently“. In ihrem Vortrag geht es auch um den Mut, Fehler machen zu dürfen: „Learning has to include an amount of failure, because failure is instructional in the process.“ WIe gesagt: Formuliert für den Schulalltag, aber durchaus auch nachdenkenswert für den universitären Lehr- und Lernbetrieb!

TED TalksZum TED Talk

Kreativitätsexperte Sir Ken Robinson fordert Bring on the learning revolution!. Obwohl er sehr eigenwillig-humorvoll vorträgt, sind es keine Binsenweisheiten, sondern eher starker Tobak: „Innovation is hard because it means doing something that people don’t find very easy for the most part. It means challenging what we take for granted, things that we think are obvious. The great problem for reform or transformation is the tyranny of common sense — things that people think, „Well, it can’t be done any other way because that’s the way it’s done.“ Es gibt noch eine Menge anderer zitierfähiger Sätze in diesem Vortrag: Also ansehen/-hören und/oder das transcript öffnen zum Mitlesen. Wer mag, kann sich bei diesem Film auch deutsche Untertitel einblenden lassen – manchmal ja ganz hilfreich. (Und ein Hinweis auf den vier Jahre alten Talk von Ken Robinson: Schools Kill Creativity).

TED TalksZum TED Talk

Der dritte Film ist ein wenig näher dran am Ingenieurwesen – Robert Full, ein Biologe, spricht völlig begeistert über „Engineering and Evolution„. Von der Biologie lernen ja auch Bauingenieure, so gesehen wäre das schon ein Grund, sich den Film anzusehen. EIn anderer aber verbirgt sich aber bei 5:42 – nämlich ein Weg, wie man souverän mit Komplexen umgehen kann, um eine Zuhörerschaft bei Laune zu halten. Die Kernfrage, die auch Bauingenieure zunehmend bewegt, ist aber eine andere: „Why haven’t we been more inspired by nature and these kinds of discoveries?“ Inspiration durch die Natur, vor allem durch einen Blick auf die kleinen Strukturen, kann bei der Beantwortung unserer Fragen sehr hilfreich sein. Aber auch die andere Sichtweise sei wichtig, betont Robert Full: „We must preserve nature’s designs, otherwise these secrets will be lost forever.“

TED TalksZum TED Talk

Und als Zugabe? Ein Mathematiker, der Magier ist: Ein Mathemagician. Arthur Benjamin jongliert mit Zahlen und schlägt dabei Taschenrechner – denen mangelt es gegebenenfalls an der ausreichenden Zahl von Stellen. Benjamin rechnet im Kopf schneller als die Magierpolizei erlaubt – und er erklärt am Ende des Beitrags sogar, wie er das macht. Aber kein Grund zur Unruhe beim Zauberlehrerverband: Das macht ihm so schnell keiner nach!

Weihnachtsgeschenk: Leuchtende Augen. Oder: If you love something, give it away

Wie vor zwei Jahren ist das Weihnachtsgeschenk der BauBlog-Redaktion wieder eins, das Zeit kostet – etwa eine Stunde, wenn man die drei Päckchen auspackt, länger wenn man sie zum Anlass nimmt, weiter zu denken und die Inhalte zu transformieren. Auch das Anklicken weiterer Filme der TED-Talks kann sehr sehr zeitaufwändig sein – das sei nur warnend vorab gesagt.

TED steht für Technology, Entertainment, Design. Seit 1984 gibt es TED-Konferenzen – und sie sind begehrt (ausverkauft!) wie teuer (6.000 Dollar Teilnahmegebühr) zugleich. Die Ergebnisse stehen online – und sie anzusehen / anzuhören lohnt sich, weil man viel lernen kann, inhaltlich wie auch zur Art der Präsentationen, die in der Regel mit viel Engagement und Leidenschaft vorgetragen werden.

Itay TalgamZum Film

Zwei der heute zur Inspiration vorgeschlagenen TED-Talks zeigen Dirigenten – und man lernt viel über Musik, aber noch mehr über Führung, Führungsstile – und über Menschen. Itay Talgam, ein israelischer Dirigent, nennt seinen Vortrag Lead like the great conductors. Er zeigt berühmte Dirigenten und analysiert Führungsstile – schöne Musik (wenn man Klassik mag!) und wunderbare Beobachtungen! Dass es um mehr als um Musik geht, zeigen diese beiden Zitate: „But of course it’s not only about motivation and giving them a lot of physical energy. You also have to be very professional.“ – „You know, when it’s needed, the authority is there. It’s very important. But authority is not enough!“ Wie unterschiedlich Führungsstile sein können, was ihre Pros und Contras sind – die Dirigenten zeigen es, Itay Talgam erklärt es. Und bitte durchhalten – zum Schluss gibt es eine wunderbare Szene mit Leonard Bernstein! „If you love something, give it away.“

Benjamin ZanderZum Film

Benjamin Zander ist Dirigent der Boston Philharmonic – und er spricht über Musik und Leidenschaft. Es wird viel gelacht bei der Präsentation, aber es wird auch viel gedacht – und ganz zum Schluss können einem sogar die Tränen über die Wange kullern. Wir lernen von Zander, dass es besser ist, ein Ein-Pobacken-Spieler zu sein als ein Zwei-Pobacken-Spieler. Wir erfahren, wie das C das H traurig macht (Chopin!) Auch hier zwei Zitate, diesmal der deutschen Transkription entnommen: „Der Dirigent macht keinen Ton. Seine Stärke ist abhängig von der Fähigkeit, andere Menschen stark zu machen. … Ich erkannte, es war mein Job, Fähigkeiten in anderen zu erwecken.“ – „Ich habe eine Definition von Erfolg. Für mich ist es ganz einfach. Es geht nicht um Reichtum, Ruhm und Macht. Es geht darum, wie viele leuchtende Augen ich um mich habe.“

Michael MoschenZum Film

Zum Abschluss etwas ganz Anderes: Michael Moschen jongliert Rhythmus und Bewegung. Was das auf der Seite einer Wissenschaftseinrichtung zu suchen hat? Nun, ganz einfach: Hinter der so offensichtlich leichten Kunst steckt viel mehr. Moschen bittet sein Publikum beispielsweise, die ausgestreckten Finger der Hand nacheinander zu schließen und wieder zu öffnen. Klingt leicht, ist es aber nicht. Und wie kommentiert er es? „The reason I wanted you to do this is because that’s actually what most people face throughout their lives, a moment of learning, a moment of challenge. It’s a moment that you can’t make sense of. Why the hell should I learn this? OK? Does it really have anything to do with anything in my life? You know, I can’t decipher — is it fun? Is it challenging? Am I supposed to cheat?“