Greifbare Lösungen in Beton

Tagung Concrete SolutionsBlick ins Hörsaalzentrum der TU Dresden bei der Tagung Concrete Solutions. (Foto: Christof Schröfl)

Vom 26. bis 28. September fand an der TU Dresden die von Prof. Viktor Mechtcherine, Institut für Baustoffe, sowie Prof. Michael Grantham, Queen’s University Belfast, und Dr. Ulrich Schneck, CITech GmbH organisierte vierte internationale Konferenz CONCRETE SOLUTIONS statt.

In drei Tagen präsentierten mehr als einhundert Wissenschaftler und Praktiker aus Amerika, Afrika, Asien und Europa neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen zur Dauerhaftigkeit von Beton. Die Spannbreite der Vorträge reichte hierbei von neuen Ansätzen zur Dauerhaftigkeitsbemessung über die Zustandsbewertung von Bauwerken inklusive denkmalpflegerischer Gesichtspunkte bis hin zur Präsentation erfolgreich umgesetzter Instandsetzungsmaßnahmen.

Beim WorkshopBeim Workshop. (Foto: Christof Schröfl)

An die Konferenz schloss sich der Workshop Advanced Fibre Reinforced Cementitious Materials for Strengthening and Repair zu Textilbeton und hochduktilem Beton (strain-hardening cement-based composites, SHCC) an. Beide Werkstoffe werden am Institut für Baustoffe seit Jahren intensiv erforscht und weiterentwickelt. Im Anschluss an einen theoretischen Teil hatten die Teilnehmer hierbei Gelegenheit, die herausragenden Eigenschaften von Textilbeton und SHCC bei der Herstellung und Untersuchung von Probekörpern hautnah zu erfahren.

Ein Kernziel der Konferenzreihe Concrete Solutions ist das Bauen von Brücken zwischen Forschung und Praxis: Viele neue Ideen harren der Anwendung, und ebensoviele Herausforderungen warten auf kreative Ideen. Dieses wurde mit großem Erfolg erreicht, wie die überaus positive Rückmeldung der Teilnehmer zeigte. Hierzu trug der Rahmen der Veranstaltung nicht unerheblich bei: Nur zwei parallele Sessions mit großzügig bemessenen Pausen resultierten in einer ruhigen und angenehmen Atmosphäre und luden zur Diskussion mit den Vortragenden ein. Am Dienstagabend bot das Konferenzdinner samt Elbrundfahrt auf einem historischen Schaufelraddampfer Gelegenheit zu deren Fortsetzung und Vertiefung.

Die Teilnehmer nahmen neue Kontakte, neue Ideen und neuen Elan für die Fortsetzung begonnener Arbeiten mit nach Hause, und die Veranstalter freuen sich bereits auf die 5. Konferenz CONCRETE SOLUTIONS in drei Jahren in Belfast.

Frank Altmann

4th International Conference Concrete Solutions

Titel des TagungsbandsTitel des Tagungsbands

Das Wortspiel funktioniert im Deutschen leider nicht, denn nur im Englischen hat concrete die schöne Doppelbedeutung von Beton einerseits und von greifbar, konkret andererserseits. Das ist aber auch alles, was einem entgehen könnte bei der 4th International Conference Concrete Solutions, die Prof. Viktor Mechtcherine vom Institut für Baustoffe, sein britischer Kollege Michael Grantham und Dr. Ulrich Schneck, CITec GmbH organisieren. Sie findet vom 26. bis 28. September im Hörsaalzentrum der TU Dresden statt.

Auf dieser Veranstaltung sollen neue Lösungen in den Themengebieten Schutz, Instandhaltung, Instandsetzung und Verstärkung von Beton-, Stahlbeton- und Spannbetonbauwerken vorgestellt und diskutiert werden. Für den Tagungsband wurden 111 Beiträge aus 35 Ländern angenommen – in der gleichen Größenordnung wird sich die Teilnehmerzahl bewegen. Die Teilnehmer kommen sowohl aus dem Bereich der Wissenschaft als auch aus Industrie und Verwaltungseinrichtungen. Weitere Informationen zum Programmablauf können der Internetseite zur Tagung entnommen werden.

Fakultätsangehörige dürfen an der Tagung kostenlos teilnehmen, müssen sich aber rechtzeitig (ca. eine Woche vor dem Termin) im Sekretariat des IfB anmelden.

Der biegsamste Beton der Welt

UVS
5. Januar 2011

Ein neues Dresdner Modell beschreibt das ausgezeichnete Materialverhalten unter Ermüdungsbeanspruchung

Uni live am 13. JanuarPetr Jun, der sein Studium in der Fachrichtung Bauwesen an der Tschechischen Technischen Universität in Prag absolvierte, erläuterte die Inhalte seiner Dissertation mit dem Thema „Behaviour of Strain-hardening Cement-based Composites (SHCC) under monotonic and cyclic tensile loading“.

Die Sprödigkeit von herkömmlichem Beton führt häufig zu ausgeprägten Schäden oder sogar zum Versagen von Stahlbetonkonstruktionen. Dieser Schwäche kann mit einem neu entwickelten hochduktilen Beton beigekommen werden. Petr Jun, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Baustoffe der TU Dresden, entwickelte im Rahmen seiner Dissertation ein Modell, das ein detailliertes Verständnis des Werkstoffverhaltens ermöglicht.

Das mechanische Verhalten von SHCC (hochduktiler Beton) unter Zugbelastung kann positiver bewertet werden als das von herkömmlichem Beton. Während Normalbeton nahezu sofort versagt, wenn er auf Biegung beansprucht wird, ist SHCC durch die Bildung vieler kleiner Risse im Material extrem biegsam. Dieses spezifische Verhalten resultiert aus dem Zusammenspiel vieler kurzer und dünner Polymerfasern, welche die vorhandenen Risse überbrücken und somit ein Versagen des Bauteils verhindern. Je nach Zusammensetzung des Betons und der Art und dem Material der Fasern kann dieses Verhalten den gewünschten Bedürfnissen angepasst werden.

Von der Idee zur Anwendung

In der Praxis sind die meisten Betonkonstruktionen mehr oder weniger heftigen zyklischen Belastungen ausgesetzt, welche zu Rissbildungen, zunehmender Beschädigung des Bauwerks bis hin zum Einsturz desselben führen können. Beispiele für derartige Belastungen sind unter anderem Verkehr, Temperaturwechsel, Windböen und, wie zuletzt in Haiti und Neuseeland, Erdbeben. Im Gegensatz zu herkömmlichem Beton kann hochduktiler Beton diese Belastungen aufgrund seiner Biegsamkeit, von Ingenieuren Duktilität genannt, problemlos ertragen. Dies eröffnet dem Material ein breites Einsatzspektrum, beispielsweise in erdbebensicheren oder hoch belasteten Bauteilen oder als strapazierfähiger Überzug.

Doch bevor SHCC sicher und wirtschaftlich eingesetzt werden kann, galt es das Werkstoffverhalten genau zu ergründen, um eine höchstmögliche Ausnutzung der Materialeigenschaften zu erzielen. Petr Jun hat für die Anwendung in der Praxis ein Modell entwickelt, dass das Verhalten des SHCC unter Dauerbeanspruchung erklärt. Es basiert auf den Ergebnissen der umfangreichen experimentellen Untersuchungen des Werkstoffverhaltens, welche in Dresden unter der Betreuung von Professor Viktor Mechtcherine, Leiter des Instituts für Baustoffe an der TU Dresden, durchgeführt wurden. Die Untersuchungen erstreckten sich auf alle relevanten physikalischen Phänomene vom Materialverhalten einzelner Fasern bis hin zum großmaßstäblichen Bauteil.

Experimentelle Untersuchungen

Die Analysen haben gezeigt, dass der Einfluss der Ermüdungsbelastung auf das Werkstoffverhalten nur gering ausfiel. Ähnlich wie beim Verhalten unter monotoner Belastung, bildeten sich viele kleine Risse. Dennoch konnte auch eine gewisse Verschlechterung unter zyklischer Belastung beobachtete werden. Der Materialwiderstand gegen Biegung verringerte sich mit zunehmender Anzahl der Lastwechsel.

Aufbauend auf den Ergebnissen der experimentellen Untersuchungen leitete Petr Jun gesetzmäßige Beziehungen für das Verhalten von hochduktilem Beton unter Ermüdungsbeanspruchung ab. Diese berücksichtigen die entscheidenden physikalischen Phänomene wie unter anderem die Bildung von Rissen und die Wirkung der Polymerfasern im Hinblick auf die Rissüberbrückung und Biegsamkeit. Das neue Modell beschreibt somit das tatsächliche Materialverhalten, was die Entwicklung maßgeschneiderter hochduktiler Betone für einzelne Anwendungen erlaubt.

Doch der Dresdner Forscher gibt sich hiermit nicht zufrieden. Er wünscht sich die möglichst breite Anwendung von hochduktilem Beton in der Praxis. Hierfür sind Normen mit Materialgesetzen erforderlich. Diesen ist er mit dem hier vorgestellten Modell ein gutes Stück näher gekommen.

Leicht Bauen mit Beton

Leicht Bauen mit Beton

Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat auf seiner Frühjahrssitzung insgesamt 13 neue Schwerpunktprogramme eingerichtet. Eins davon soll der Frage nachgehen, wie sich Bauwerke aus modernem Hochleistungsbeton leichter entwerfen und bauen lassen. Koordinator des kommenden Schwerpunktprogramms „Leicht Bauen mit Beton“ ist Prof. Manfred Curbach vom Institut für Massivbau der Fakultät Bauingenieurwesen.

Im neuen Schwerpunktprogramm sollen die Grundlagen für das Bauen der Zukunft gefunden werden. „Warum müssen so viele Bauteile eben sein und parallel verlaufen?“ ist die einfache Frage, die Prof. Curbach stellt. Die Natur mache vor, dass es andere Möglichkeiten gibt. „Form follows force!“ sagt Prof. Curbach – die Form folgt der Kraft, und „die Natur zeigt: wo es kraftoptimiert ist, ist es meistens auch optisch ein Genuss!“ Doch was leicht aussieht, ist nicht unbedingt leicht zu bewerkstelligen: eine intensive Forschungskooperation zwischen Bauingenieuren, Mathematikern und Bionikern ist nötig, um die theoretischen und konstruktiven Grundlagen für Entwurf, Berechnung und Bau von neuartigen, frei geformten und leichten Konstruktionen aus Beton bereitzustellen.

„Wir brauchen diesen Paradigmenwechsel im Betonbau aus vielen Gründen,“ sagt Prof. Curbach, dem es nicht nur (aber auch!) um ästhetische Fragen beim Bauen mit dem wichtigsten Baustoff der jüngeren Vergangenheit und Gegenwart geht. So könnten durch Verringerung des Eigengewichtes der Konstruktionen und durch wieder verwendbare Bauteile und Schalungselemente Ressourcen geschont und Energie gespart werden. Vor allem mit der Reduktion des Zementverbrauchs könnte das Bauwesen einen wichtigen Beitrag zur Verminderung des CO2-Ausstoßes leisten. Derzeit erzeugt die Zementindustrie weltweit jährlich etwa eine Milliarde Tonnen Kohlendioxid und übertrifft damit sogar die Emissionen der Luftfahrt von ca. 670 Millionen Tonnen.

Die „dringend erforderliche und geradezu überfällige Forschung“ (Curbach) im neuen Schwerpunktprogramm soll neue Impulse für die gesamte Baukultur bringen. Die Schwerpunktprogramme der DFG arbeiten in der Regel sechs Jahre, die ersten drei sind jetzt bewilligt und sollen ab Anfang 2011 ihre Arbeit aufnehmen. Doch zuvor müssen noch konkrete Anträge geschrieben werden: In den kommenden Monaten wird die DFG die bewilligten Konzepte ausschreiben und die eingehenden Förderanträge in einem strengen Begutachtungsverfahren auf ihre wissenschaftliche Qualität und ihren Beitrag zum jeweiligen Oberthema prüfen.